Kapitel 40
„Juan und das Kokain-Komplott“
Gefahren zu begegnen, solche, die vom Menschen ausgehen, war ich gewohnt. Dafür hatte mir Señor Ortega, Luanas Ehemann, einen Revolver geschenkt, einen brasilianischen Taurus 357er Magnum mit einem drei Zoll Lauf samt Munition, der mich beruhigte.
»Die tropische Wildnis verbirgt viele Risiken, vor allem die, die man nicht sieht. Es sind die unzähligen Moskitos und andere Insekten. Sie stechen und manche legen ihre Eier unter die Haut. Wochen später schlüpfen daraus winzige Parasiten, die lebenswichtige Organe befallen und gefährliche Krankheiten und Fieber auslösen.«
Pilar und ich standen gebückt hinter einer immergrünen Hecke, schauten gespannt auf die schlammigen Fluten des Rio Monzón und warteten auf die Gefahr, die uns entgegenkam. Meine Gefühle und Gedanken waren hin- und hergerissen.
Zum Einen war es Pilar, die sich auch in risikoreichen Situationen nicht zurückhalten konnte. Mit ihren Brüsten, die fast aus ihrer engen, dreckigweißen Bluse hüpften, streichelte sie über meinen Rücken. Sie umarmte mich von hinten, schob ihre Hand in meine Hose und fummelte meinen Penis steif. Ihren Venushügel presste sie dabei rhythmisch gegen meinen Po. Ich spielte das Begehren mit, schob meine linke Hand zwischen meinem Po und ihrem Becken und instinktiv fand mein Mittelfinger ihre feuchte, unersättliche Körperöffnung. Wir fingerten uns gegenseitig in den Wahnsinn. Und zum Anderen war es das Boot, das schnell näher kam, und die Fragen, die meine Lust kreuzten.
„Sind es Rebellen und wieviele? Fahren sie vorbei oder legen sie hier am Ufer an, besuchen den Opferplatz, entdecken, foltern und töten uns?“
Die Begierde überwog die gefährliche Situation. Pilar war einem Orgasmus nahe und stöhnte in mein Ohr:
„Ohhh Gringooo……., Don Walterooohh…, wenn wir hier…. aayaahhh…, heil heraus, …ohhh…. kommen, …ooohhaayaaamor….., dann kannst du, … aahhh…., was erleben!“, sie stockte im Satz. Ich zog meinen Finger aus ihrer nassen Venusspalte, drehte mich um und hielt sie fest im Arm. Genüsslich lutschte ich an meinem Finger und sagte:
„Oh Pilarsita , ganz nach meinem Geschmack, das schlimmste was mir passieren kann ist, dass ich nichts erlebe!“
Noch nie war eine Frau nach einem Orgasmus so schnell aus meinen Armen gesprungen. Pilar rannte schreiend aus unserer Deckung heraus, denn in dem Boot, das langsam näher kam, saß Juan. Sie winkte und rief und sprang vor Freude fast ins Wasser hinein. Ich kam zögerlich aus dem Hinterhalt heraus und winkte, rufen musste ich nicht, denn Pilars schrille Schreie waren laut genug. Vorsichtshalber zog ich meinen Revolver und schaute durch die Gegend.
>mit der Zeit wurde ich, auch bei klaren Szenen, immer misstrauischer <.
Gedanken schossen durch meinen Kopf: Wie kann das sein, dass Juan mit seinem Boot den Fluss herauf kommt? Ist das eine Falle?
Ich sah mich weiter um, vor allem nach hinten, in den Wald hinein. Pilars Schreie waren weit zu hören. Aber es war ruhig, außer den natürlichen Lauten des tropischen Waldes und den Insektenschwärmen, die über dem Wasser tanzten, nichts. Ich steckte meinen Revolver in den Stiefel.
Juan sah uns, drehte bei und legte am Ufer an.
„Welch ein freudiges Ereignis dich hier zusehen!“, rief Pilar und sprang in das Boot. Ich holte unsere Sachen hinter der Hecke hervor, verstaute sie im Boot vor den drei Säcken Kokain und begrüßte ihn. Ich fragte gleichzeitig, warum er hier ist und was passiert war?, mein gesundes Misstrauen war immer präsent. Er lächelte.
Ich konnte nichts dafür, aber meine Skepsis, gegenüber diesem Typen, legte sich nicht. Seine hinterhältige Fresse mit den Goldzähnen, wenn er lächelte, konnte ich nicht ausstehen. Am liebsten hätte ich gesagt: „Komm, fahr weiter, wir schaffen das schon!“, aber Pilars wegen, ließ ich alles zu.
Und er erzählte sein Erlebnis der letzten Nacht in ein paar Sätzen.
»Amelie hatte sich gestern Abend an einer schlammigen Wurzel den Knöchel am rechten Fuß verletzt, sie kann nicht mehr laufen, verstaucht oder gebrochen, ich weiß es nicht. Wir haben am Fluss ein Notlager errichtet, nicht weit von hier, vielleicht zehn Minuten mit dem Boot. In der Nacht bin ich durch den Wald zurück zur Hütte gelaufen und habe gewartet bis es hell wurde. Ich habe das Boot aus dem Versteck geholt, habe die drei Säcke Kokain eingeladen, die ich separat versteckt hatte und bin dann losgefahren.«
„Habt ihr die Schreie in der Nacht gehört?“, er schaute mich an. In seinen Augen erkannte ich die erweiterten Pupillen. Zum Frühstück hatte er Kokain konsumiert.
„Ja das habe ich, es waren Guerrilleros, die einen Mann gefoltert und getötet haben, ganz in der Nähe unseres Lagers, ich hatte sie beobachtet!“, mehr wollte ich dazu nicht sagen.
„Kommt, last uns fahren, nur schnell weg hier!“ Pilars Wunsch war wie ein Befehl. Ich setzte mich schweigend zwischen die gefährliche Schmuggelware, die einen Straßenverkaufswert von weit mehr als Sechs Millionen US-Dollar hatte. Pilar setzte sich zwischen meine Beine, streichelte meine Oberschenkel und presste ihren heißen Körper in meinen Schritt. Sie konnte es nicht lassen mich aufzugeilen. Und ich ließ es zu. Juan steuerte das Boot sicher durch die braunen Fluten des Rio Monzón.
»Ich befand mich in einem moralischen Zwiespalt. Zuhause und in der Schule lernte ich was Gut und Böse, Richtig und Falsch ist; meine Religion lehrte mich die zehn Gebote Gottes. Doch hier, in dieser Region, zählten keine ethischen Werte. Es galt das Recht des Stärkeren, so wie im Urwald, fressen oder gefressen werden. Ich saß in einem Boot zwischen drei Säcken reinem Kokain, mit einer jungen Frau zwischen meinen Beinen, die mich verrückt machte und philosophierte vor mich hin. Ich wußte nicht, bin ich ein barmherziger Schurke oder ein grausamer Held. Mir fiel es nicht schwer in dieser Zeit meinen Revolver zu benutzen, um mich oder einen Menschen der mir nahe stand, zu verteidigen. Mit stoischer Gelassenheit ging ich durch diese temporale Grauzone, die mein zukünftiges Leben weitgehend prägte. Mir fiel nur einen Text von Eichendorf dazu ein, der so lautet:
Dämmrung will die Flügel spreiten,
Schaurig rühren sich die Bäume,
Wolken zieh’n wie schwere Träume –
Was will dieses Grau’n bedeuten?
Hast ein Reh du lieb vor andern,
Laß es nicht alleine grasen,
Jäger zieh’n im Wald’ und blasen,
Stimmen hin und wider wandern.
Hast du einen Freund hienieden,
Trau ihm nicht zu dieser Stunde,
Freundlich wohl mit Aug’ und Munde,
Sinnt er Krieg im tück’schen Frieden.
Was heut müde gehet unter,
Hebt sich morgen neu geboren.
Manches bleibt in Nacht verloren.
Hüte dich, bleib’ wach und munter«
Nach fünfzehnminütiger Fahrt, flussaufwärts, sahen wir Luana und Seni am Ufer stehen und winken. Es war ein minimaler Sandstrand, umsäumt mit Felsen und dahinter kleinwüchsige Palmen, die wie Hecken aussahen. Juan drosselte den Motor und steuerte das Ufer an. Braune Wellen stiegen das sandige Ufer hoch, als Juan das Boot abbremste. Ein kleiner Flusskrebs, der eine Wasserschnecke fressen wollte, rannte flüchtend in sein Loch, das er hinter einem Stein tarnte. Die flinken Biester sind Allesfresser, rennen durch den Sand und halten den Strand sauber.
Seni hielt das Boot fest und Luana lächelte. „Welch eine Überraschung euch hier zu sehen, jetzt sind wir wieder zusammen!“, sie war besorgt und erleichtert. Pilar stieg aus dem Boot und rannte zu Amelie, die, hinkend und gestützt von Eugenio, hinter einem Felsen hervorkam. „Oh Liebes, was ist passiert, hast du Schmerzen?“ Pilar kümmerte sich rührend um sie und zusammen mit Eugenio brachten sie Amelie ins Boot.
„Komm mit Don Waltero!“ Luana lockte mich hinter die Felsen. Wir säuberten den Lagerplatz und verwischten die Spuren des Feuers, danach lehnte sie sich gegen einen Felsblock und zog mich sanft zu sich. „Oh mein Lieber, es tut mir alles so leid, ich wollte dich da nicht mit reinziehen, es lief alles etwas aus dem Ruder!“, sie umarmte mich und schob ihren Oberschenkel in meinen Schritt. „Ich brauche dich, Gringo, du hast mir soviel gutes angetan, lass uns so schnell wie möglich von hier verschwinden!“, sie spürte, wie erregt ich war, aber sie drängte zur Rückfahrt.
Wir packten die Ausrüstung zusammen und trugen sie zum Boot. Juan stand am Ufer und schaute den Fluss runter.
„Alles noch ruhig!“, meinte er.
Das gefährliche, braune Wasser, umsäumt mit dem satten Grün des tropischen Waldes, unter dem blauen Himmel des Südens, gab ein überwältigendes, kontrastreiches Bild ab. Seni sah mir zu, wie ich die Sachen hinter der kostbaren Schmuggelware verstaute. Juan sicherte das Boot mit einem Seil, sodass es nicht abtrieb und Seni und Luana zu den anderen einsteigen konnten.
„Ach Gringo, komm mal mit mir, ich habe gestern Abend im Licht meiner Taschenlampe was gesehen, das muss ich dir unbedingt zeigen!“, er deutete mit seiner Hand in östliche Richtung in den Wald hinein. Widerwillig stieg ich aus dem Boot.
„Wir sind gleich wieder zurück!“, rief er den anderen zu, drehte sich um und lief voraus. Ich ging ihm hinterher und Misstraute ihm.
»Meine Gedanken sprühten vor Skepsis. Ich wusste zuviel von seinen Machenschaften, von seiner Schmuggelware. Lockt er mich jetzt in einen Hinterhalt und tötet mich mit seiner Machete?, die in seinem Gürtel steckt«.
Vorsichtshalber zog ich den Revolver aus meinem Stiefel. Nach etwa zweihundert Meter auf einem Trampelpfad durch den Regenwald, einen Hügel hinauf, blieb er stehen und drehte sich um.
„Was willst du mit dem Revolver?“, er staunte mich an.
„Das ist meine Lebensversicherung!“, ich lächelte zurück.
„Du brauchst keine Angst zu haben, ich tue dir nichts!“, er sah mich mit großen Augen an.
„Angst ist das falsche Wort mein Lieber, vorsichtig zu sein war noch nie verkehrt!“, wir liefen ein Stück weiter, über die Kuppe hinweg.
„Du bist doch hier wegen der Yarowilka Kultur, dort drüben, schau mal!“, seine Goldzähne sendeten Blitze aus in der Morgensonne, als er über das ganze Gesicht strahlte.
Inmitten der grünen Wildnis ragte eine Steinmauer mit zwei Fensternischen empor. Kleine Bruchsteine, mit Mörtel verbunden. Davor, zerfallene, angehäufte Steine. Es waren die gleichen Bruchsteine wie die aus Piruro im Tantamayotal.
»Dieser Fund belegte mein Wissen. Die Yaros waren ein Volk der Berge und kamen ursprünglich aus dem östlichen Tiefland.«
Ich war überwältigt.
„Und Gringo, was sagst du?“, Juan strahlte immer noch vor Begeisterung.
„Ich muss mich berichtigen, du bist ein guter Schurke!“, und gleichzeitig dachte ich:
»Aber an deine Fresse muss ich mich erst noch gewöhnen.«
„Komm jetzt, lass uns von hier verschwinden, wir sind längst überfällig!“, nervös drängte er zum Aufbruch. Auf dem Rückweg zum Boot, erzählte Juan von seinem Vater.
»Mein Alter war in Tantamayo und hier im Tiefland oft unterwegs, als Träger und Handlanger bei Forschungs- und Ausgrabungsarbeiten mit französischen Archäologen. Einmal hatte er mich mitgenommen, in das Tiefland hier. Mein Vater hatte gemeint, es ist eine ehrliche und gut bezahlte Tätigkeit, als Träger bei Expeditionen zu arbeiten«.
Wir liefen langsamer, blieben aber dann stehen, weil wir ein paar Papageien aufscheuchten, die kreischend flüchteten. Ich hatte das Gefühl, dass uns Rebellen auflauerten. Meine Gedankensprünge waren vorsichtigerweise berechtigt, da wir uns in den Hügeln der Yarowilka, im Rückzugsgebiet der Senderos aufhielten.
Juan erzählte weiter.
»Nachdem mein Vater tödlich verunglückte, suchte ich Gold am oberen Rio Marañón. Die Arbeit war lukrativer und nicht so anstrengend, bis die Senderos gekommen sind. Sie haben den Fluss kontrolliert, nahmen uns das Gold weg und brachten den Tod mit ins Tal. Danach bin ich umgezogen, zu meinem Onkel Eugenio nach Monzón. Von meinen Ersparnissen habe ich mir das Boot gekauft und diese Hütte am Fluss gebaut. Ab und zu gehe ich Fischen und manchmal, wenn es gerade passt, transportiere ich Ware von Monzón nach Tingo Maria und wieder zurück. Der Job ist zwar illegal und gefährlich, aber er bringt einen Haufen Kohle und Koks.«
Juan war ein begeisterter Erzähler über sein Leben, aber ich musste ihn jetzt stoppen. Ich hätte eine Diskussion lostreten können, wenn ich ihn gefragt hätte, ob er keine Skrupel hat, weil er den Tod auf die Reise schickte, mit seinen kriminellen Drogentransporten. Ich habe es sein lassen, denn unglücklicherweise war ich involviert in seine Machenschaften. Wir alle hingen mit drin, saßen in einem, in seinem Boot. So drängte ich jetzt zum Aufbruch und sagte: „Komm jetzt, lass uns endlich abhauen hier, wir sind wirklich überfällig!“
Als wir am Boot ankamen, steckte ich meinen Revolver in den Stiefel. „Da seid ihr ja endlich?, wo wart ihr denn so lange?, wir machten uns große Sorgen um euch!“, aufgebracht und nervös ging Luana vor dem Boot hin und her. „Juan zeigte mir eine zerfallene Ruine der Yarowilka, die er gestern Abend gesehen hatte, es ist alles in Ordnung meine Liebe!“, wir stiegen ins Boot. Ich setzte mich zwischen Luana und Seni vor die Schmuggelware. Amelie lag mit schmerzverzerrtem Gesicht zwischen Pilar und Eugenio, die vor Müdigkeit im Halbschlaf dösten. Juan band das Seil los, stieg ins Boot und startete den Außenborder. Das Blubbern des Motors übertönte die Geräusche der grünen Wildnis und war wie Musik in meinen Ohren. Juan bewegte das Boot rückwärts ins Tiefwasser, legte den Hebel um und steuerte die heiße Fracht durch die gefährliche Region flussaufwärts in Richtung Monzón.
Aber das ist wieder die nächste Geschichte.


