Peru 1989
Kapitel 25
„Der lange Ritt nach Monzón“
Tag 1″Nachmittags“
„Hinter dem Horizont…“
Im Schritttempo ritten wir über die Hochebene von Huishcash. Die Schönwetterwolken am östlichen Horizont versprachen einen ruhigen und trockenen Nachmittag.
Luana führte unsere kleine Karawane an, sie kannte den gefährlichen Weg durch die Berge.
„Schau mal!, rief sie, da weit hinter den Bergen, hinter dem Horizont, da liegt der Amazonas Urwald, da liegt Monzón und da müssen wir hin!“
Wir blieben stehen und blickten nach Osten. Wir sahen die Schneebedeckten Berge, die mehr als 6000 Meter hoch in den Himmel ragten und dachten an diesen Weg, der mitten hindurch führt.
»Eine Legende besagt, dass das Amazonas-Tiefland das Land sei, bei dem der Liebe Gott mit der Schöpfung nicht fertig wurde, heiß, unwirtlich und voller Gefahren«
Auf ihrem schwarzen Hengst sah Luana zweckbetont und mannhaft aus, mit dem Hut und ihrem langen Zopf. Ihre erotische Figur, mit den geilen Rundungen, versteckte sie unter ihrem Poncho.
»Es war eine maskuline Maskerade, die vor geilen Blicken der peruanischen Machos schützen soll.«
„Bei den Ruinen machen wir eine Pause, die Pferde brauchen Wasser und du hast bestimmt Hunger!“, rief sie mir zu.
Oh ja, ich war hungrig, nach ihren Küssen, nach ihrem Körper, ihrer Haut und ihrer erotischen Seele. Aber diese Gedanken waren gleich wieder betrübt.
Ich gab meinem Pferd die Sporen und ritt nach vorne zu Luana.
„Hast du den Reiter gesehen, der uns entgegen kommt?“, fragte ich, er kommt vom Pass herunter.
„Ja, habe ich und er hat uns bestimmt auch gesehen!“, sagte sie mit bedrückender Stimme.
Bei den Ruinen stiegen wir ab. »Es war ein Gebäude und Mauern mit Nischen. Die Jahrtausende alten Bruchsteine der Ruinen von „Anco“ waren sehr gut erhalten. Von hier konnten wir bis nach Piruro auf der einen Seite und Susupillo auf der anderen Seite sehen. Anco muss ein Wachposten der Yarowilka gewesen sein.«
Luana gab mir die Zügel ihres Pferdes, ging zum Packpferd, kramte eine Decke aus dem Packsack und kam wieder zu mir.
„Da, zieh den Poncho über, wenn der Reiter kommt, läßt du mich reden, du bleibst bei den Pferden im Hintergrund, er muss dich nicht gleich als ein Gringo erkennen!“, sagte sie. Ihre Stimme klang wie ein Befehl. Es stand ihr gut, die Rolle einer Befehlshaberin, einer „Machista“.
Der Poncho kam mir gerade recht, denn es wurde merklich kühler.
»Wer kommt da auf uns zu?, dachte ich. Ist es ein Kurier oder ein Kundschafter einer Rebellen-Truppe, oder ist es nur ein einfacher Bauer, der nach seiner Schafherde
schaute?, die Gedanken schlugen Alarm.« Ich nahm meinen Revolver aus dem Rucksack und steckte ihn in mein Gürtel. Entsichern musste ich ihn nicht, der alte Taurus war immer Schussbereit, von selbst oder aus Versehen, konnte sich kein Schuss lösen, dieses Modell musste man schon kräftig betätigen.
Ich war auf alles vorbereitet und hielt mich bedeckt bei den Pferden.
Luana wartete auf ihn, lehnte sich gegen die Steinwand und summte leise eine Melodie.
Als der Reiter näher kam, ging sie ihm ein paar Schritte entgegen.
Ich gab den Pferden Wasser, stellte die Schüssel auf den Boden und beobachtete die Szene. Meine Hand hatte ich am Revolver.
Luana begrüßte ihn in Quechúa. Der Mann stieg vom Pferd, er war jung, ein Indigener und trug ein Poncho. Die kurze Handbewegung zum Hut war üblich, er grüßte zurück und es sah aus, als hätte er es eilig. Das Palaver, die Gestik, ich hörte Wortfetzen wie „cocha, saqra, yaku, wayqo, lloqlla, yanqataq und plötzlich sprach er Spanisch; Señorita, passen sie auf, da oben sind Rebellen, sie haben den Staudamm gesprengt. Und das Wetter schlägt um, es wird kalt.
„Wer bist du, ich kenne dich, ich habe dich schon mal bei Don Pedro gesehen?“, fragte Luana.
„Ich bin Emilio, ich arbeite für Don Pedro!“, hastig stieg er auf sein Pferd.
„Emilio, hast du die Rebellen gesehen?“, fragte Luana und hielt sein Pferd am Halfter fest.
„Nein, habe ich nicht, aber das viele Wasser und die Explosion habe ich gehört, es war grauenvoll, zum Glück war ich schon oben auf dem Pass!“, erwiderte er.
„Señorita, wenn sie nach Monzón wollen, müssen sie den anderen Pass nehmen, den ‚Culloq Punta‘, er ist zwar höher und der Weg ist weiter, aber er ist sicherer und es gibt die Hochalm „Mati Paqi“, da können sie über die Nacht bleiben!“, sagte er.
Derweil entspannte ich mich, nahm die Hand vom Revolver, blieb aber bei den Pferden.
Luana ließ das Pferd los.
Emilio gab ihm die Sporen und ritt schnell davon.
„Hast du das mitbekommen, was Emilio gesagt hat?“, fragte sie mich und kam zu mir.
„Ja, das habe ich, das hört sich nicht gut an!“, erwiderte ich.
„Wir nehmen den anderen Weg, es dauert etwas länger, ist aber sicherer. Ich kenne ihn, bin schon mal über den ‚Culloq Punta‘ gegangen!“, sagte sie und gab mir ein Stück Fladenbrot mit Käse. Dazu tranken wir kalten, gesüßten Koka Tee.
Wir setzten uns eng aneinander gekuschelt an die Steinmauer. Ich spürte ihren feurigen Körper.
„Der Poncho steht dir gut Gringo, am besten du behältst ihn an, er schützt dich vor Kälte und Schnee. Emilio hat gesagt, dass das Wetter umschlägt und in dieser Höhe gibt es Schnee!“, meinte sie.
»Gringo ist ein Schimpfwort, aber ich liebte es, wie sie es aussprach, es kam aus ihrem Herzen heraus, so temperamentvoll, so leidenschaftlich«
Sie rutschte auf meine Oberschenkel, küsste mich zärtlich und meinte:
„Wir müssen weiter, es sind noch mehr als drei Stunden bis zur Hochalm Mati Paqi, heute Nacht haben wir noch genug Zeit für uns mein lieber Gringo!“
Sie machte Druck zum aufbrechen. Wir packten unsere Sachen zusammen, stiegen auf die Pferde und ritten weiter durch das Hochtal bergauf. Mein Revolver behielt ich vorsorglich am Gürtel, denn Rebellen und Banditen können jederzeit kommen und überall sein. Und dann dieses ständige Gefühl, dass uns jemand folgt. Ich war vorsichtig.
Mit der Höhe wurde es kälter und felsiger, mein Höhenmesser zeigte 4400 Meter. Wolken zogen herein und es fing an zu schneien. An gefährlichen Felspassagen stiegen wir ab und führten unsere Pferde durch die Gefahrenzone. »Nicht auszudenken wenn ein Pferd auf den klitschigen Felsen ausrutschen würde. Pferde können bis auf ca. 5200 Meter Höhe steigen, danach wird es kritisch.«
Unsere Tiere hielten sich tapfer, sie spürten die Höhe genauso wie wir. Wir redeten ruhig auf sie ein und ein tätscheln am Hals wirkte so manches Wunder.
Als wir nach über drei Stunden nach Mati Paqi kamen, war die Landschaft gezuckert mit Schnee und die Wolken verzogen sich hinter die Bergspitzen, die über 6000 Meter hoch in den Himmel ragten. Sie standen da wie die Wächter des Weltalls.
Mein Taschenthermometer zeigte minus 5° Grad und das am späten Nachmittag. Die Nacht stand uns noch bevor. »Die in dieser Zeit verlassene Alm liegt 4650 Meter hoch, in der Trockenzeit, von Mai bis Oktober, sind Temperaturen um die 20° Grad unter Null keine Seltenheit. Dagegen ist es in der Regenzeit, von November bis April, nicht so kalt, aber dafür gibt es mehr Schnee.«
Wir sattelten unsere Pferde ab und führten sie in das nahegelegene Corral, wo sie zwischen dem Schnee noch Hochlandgras fanden. In einer der Hütten richteten wir unser Lager für die kalte Nacht ein. Es gab ein Tisch mit drei Stühlen, ein großer Schlafplatz, eine Feuerstelle und getrocknete Kuhfladen als Brennstoff.
»Getrocknete Kuhfladen sind hart und vollkommen geruchslos, sie brennen schnell und lang und sind eine gute Isolation gegen die Kälte in der Nacht«
Luana kümmerte sich um die Feuerstelle, kramte in der Lebensmittelkiste und fing an zu kochen. Ich traf Vorbereitungen für unsere Seelenreise nach allen tabulosen Regeln der erotischen Kunst.
Die Nacht versprach extasische Trance und eine neue Tür zu ihrer erotischen Seele.
Aber das ist wieder die nächste Geschichte.



