Traumland „Gran Chaco“. Argentinien 1987

Ruf der Wildnis

Lateinamerika war und ist für mich wie eine schöne junge Frau die ruft „komm zu mir“, und ich bin diesem Ruf damals unwiderstehlich gefolgt, überall hin.
Ich war in Metán. In dieser Kleinstadt am Rande des Gran Chaco im nördlichen Argentinien, hatte ich mich von den wochenlangen Strapazen auf dem Altiplano in Bolivien erholt. Konnte wieder mal richtig duschen und meine Zähne mit Wasser, statt mit Bier, putzen.
Ich hatte

auch eine „Fiesta de los Gauchos“, mit Essen, Trinken, Tanz und Gesang miterleben dürfen. Und ich hatte den Rezitationen der Gauchos an diesem Abend gespannt zugehört.
Es war eine schöne Woche in der Pension „Jimenez“, in der „Calle Roque Sáenz Peña 261“, in der ich in dieser Zeit wohnte.
Es war Dienstag, der siebte April 1987.
Bevor der Wecker klingelte, wurde ich wach. Ich war neugierig und aufgeregt, auf meine Reise durch den Gran Chaco. Ich wollte meinen lang ersehnten Traum verwirklichen. Ich wollte mit dem Güterzug durch die 170.000 Quadratkilometer große Trockensteppe im Nordosten Argentiniens fahren.
Schon am Vortag hatte ich mir Proviant für 14 Tage besorgt und hatte mich von der liebenswürdigen Familie Jimenez verabschiedet. Hatte mich auch erkundigt, über die Abfahrtzeit eines Güterzugs in Richtung Resistencia. 750 km sind es bis in diese Stadt im Department Chaco. Ein freundlicher Bahnarbeiter sagte mir, dass ein Zug Morgen, so zwischen vier und sechs Uhr morgens abfährt, einen genauen Zeitplan gäbe es nicht. Ich dachte an das Wort „Mañana“. Mañana heißt morgen, kann aber auch übermorgen oder erst nächste Woche sein. In Lateinamerika nimmt man das nicht so genau.
Ich packte meinen Rucksack, verließ das „Casa Familia“ so gegen halb vier Uhr morgens und lief zum Bahnhof.
Da war schon reges treiben. Waggons wurden hin und her geschoben, abgehängt und angehängt.
Ich lief gerade auf den Gleisen entlang, da hatten mir zwei Bahnarbeiter zugerufen: „Pass auf Gringo, da kommt ein Zug“! Ich sprang zur Seite und dachte: Verdammt, hätten die zwei mich nicht gewarnt, der hätte mich glatt überrollt und das war mein Zug.
Als er zum stehen kam, kletterte ich auf die Plattform eines Waggons und machte es mir gemütlich. Ich Frühstückte und wartete auf die Abfahrt.
Mit dem Güterzug fahren war in Argentinien nicht erlaubt, aber es war auch nicht ausdrücklich verboten und es war umsonst. Es gab kein Fahrschein, keine Garantie für Abfahrt- oder Ankunftszeit. Sozusagen alles auf eigene Gefahr.
Es war noch dunkel, als sich der Zug in Bewegung setzte. Ich hörte das Eisen knirschen der schweren Räder auf den Schienen. Es war eine Respekt einflößende Musik in meinen Ohren. Und als diese Tropische Nacht zu Ende ging, sah ich in die wilde Landschaft des Gran Chaco.
Ich hatte es wirklich geschafft.
Ich saß oben, wie auf einem Logenplatz und Lateinamerika fuhr an mir vorbei.
Ich muss immer an die Worte denken: „Träume nicht dein Leben, sondern lebe deinen Traum“, und ich hatte diesen Traum gelebt.
Nach sieben Stunden kam der Güterzug in eine Kleinstadt namens „Joaquín Víctor González“.
Hier hatte mein Traum ein jähes Ende gefunden.

Aber das ist wieder eine andere Geschichte. ✒️

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